„Wir müssen unsere Kunden zu jedem Zeitpunkt kennen und verstehen.“

Mathieu Prigent, Manager Marketing Communications bei Renault Österreich, erläutert im Interview die Hauptstoßrichtung im Digital Advertising bei Renault Österreich, schildert den Grund für den Hype für diese oder jene digitale Werbeform und erklärt, wann und warum bei Renault Österreich Display, Native und Bewegtbild zum Einsatz kommen.

Mathieu, Automobilmarken und Automobilimporteure haben sich traditionell der gesamten Klaviatur der Marktkommunikation – von TV über Plakat und Print bis Postwurf – bedient. Mittlerweile fließen zumindest 20 Prozent der Gesamtwerbeausgaben im Bereich Automotive in Richtung Online. Wie wird sich der Spendingshare Deiner Ansicht nach weiterentwickeln?

Mathieu Prigent: 
20 Prozent sind, generell für den Markt gesprochen, noch konservativ geschätzt. Realistisch gehen wir von 30 bis 40 Prozent Real-Share für digitale Aktivierungen aus. Der Markt hat in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum im Digitalen erfahren. Wir denken jedoch, dass wir auf einem produktiven Level gelandet sind, mit dem sich vernünftig arbeiten lässt. Speziell hinsichtlich der kommenden Reglementierungen der e-Privacy-Verordnung gehen wir demnächst von keinen großen Sprüngen aus. Digital ist und bleibt mit seinem Share sowieso schon erste oder zweite Geige im Media Mix der meisten Automobilimporteure.

In welchen Teildisziplinen des Digital Marketing siehst Du aktuell am meisten Wachstumspotenzial?

Mathieu Prigent: Wir versuchen, nicht mehr in Teildisziplinen zu denken, weil es schlussendlich Wissens-Silos fördert, die Insel-Lösungen bedingen. Es geht doch um die Zweckdienlichkeit von Marketingmaßnahmen. Speziell bei Mid- und Bottom-funnel-Aktivitäten sehe ich verschiedenste digitale Felder im Wachsen begriffen.

Welche Teildisziplinen des Digital Marketing werden aus Deiner Sicht zu unrecht überbewertet?

Mathieu Prigent: Hypes haben einen Grund: Man ist von (neuen) Möglichkeiten begeistert. Oft versucht man dann, diese Möglichkeiten in die Realität zu bringen und man sammelt seine Erfahrungen. Das kann gut gehen, aber meist ist der erste Outcome ernüchternd. Mit der Zeit lernt man jedoch, mit neuen Möglichkeiten besser umzugehen und aus einer „zu Unrecht überbewerteten“ Maßnahme wird etwas ganz Großes. Ich glaube, wir gehen momentan noch zu naiv mit dem Thema Influencer um: Ab dem Zeitpunkt, wo Brand Safety, Audience Verification und transparentes Tracking zum Usus werden, erleben wir hier einen zweiten Frühling.

Wie sieht die Hauptstoßrichtung im Digital Advertising bei Renault Österreich aus?

Mathieu Prigent: Integration. Digital stand-alone sollte für Unternehmen von heute ein Hygiene-Faktor sein – aber Kampagnen aus einem Guss zu inszenieren und diese hinsichtlich UX zu optimieren, ist die heutige Kunst. Die Customer Journey mit der Hilfe von digitalen Maßnahmen so geschmeidig wie möglich zu machen, ist die beste Maßnahme, um werdende Kunden hinsichtlich ihrer Customer Lifetime Value zu optimieren. Hand in Hand damit gehend, Individualisierung und Personalisierung. Um Kunden perfekt an der Hand zu nehmen, müssen wir sie zu jedem Zeitpunkt kennen und verstehen.

Wie würdest Du Eure Display-Advertising-Strategie und Eure Native-Advertising-Strategie beschreiben?

Mathieu Prigent: 
Display verwenden wir taktisch mit einem doppelten Nutzen: einerseits im Tandem mit klassisch bewährten Kanälen für einen gesamtheitlichen Awareness-Boost, andererseits tiefer im Funnel, um Consideration und Purchase Intent zu pushen. Native Advertising ist für uns eine tolle Ergänzungsmöglichkeit, relevanter zu sein, aber auch um eine Möglichkeit zu finden, Adblocker User zu erreichen. Wir setzen diese Pushes gezielt ein, um genau diese Zielgruppe zu aktivieren. Wir haben beispielsweise schon bei der bis dato letzten Bundespräsidentenwahl gemeinsam mit dem „Standard“ den Renault ZOE nativ in Szene gesetzt, als dass auch Adblocker User die volle Funktionalität der Plattform genießen konnten. Die User haben es immens gut aufgenommen, wenn wir nach den Kommentaren gehen.

Wie wichtig ist Bewegtbild im Bereich Digital Advertising für Automobilmarken und wie sieht aus Deiner Sicht der Trend aus?

Mathieu Prigent:
 Auch diese Trennung sehen wir schon längere Zeit nicht mehr. Bewegtbild wird im Tandem mit TV eingesetzt und abseits davon haben wir Video Content Snippets kreiert, die Renault in seinen schönsten Facetten zeigt. Bewegtbild (digital und analog) ist für uns nach wie vor das beste Tool, um Marken zum Leben zu erwecken. Ich denke, dass Bewegtbild immer gefragter wird. Jedoch auch in Richtungen, die wir bisher vielleicht noch nicht so stark am Radar hatten. Zu viel will ich hier aber nicht verraten, wir haben einiges vor, das die Branche noch nicht gesehen hat.

Beobachtest Du Saisonalitäten bei der Bewerbung von Automobilen im Bereich Digital Advertising? Gibt es so etwas wie ein Sommerloch oder ist das Sommerloch ein Mythos?

Mathieu Prigent: Das kann man nicht pauschal beantworten, weil es große Unterschiede zwischen unseren Marktbegleitern gibt. Es dreht sich jedoch stark um den Zeitpunkt, wann ein Auto auf den Markt kommt. Danach richtet sich auch digitale Werbung. Aber speziell durch „always on“-Strategien, kann man mittlerweile eher nicht mehr von einem richtigen Sommerloch sprechen: Ein Grundrauschen ist immer da. Auch hinsichtlich Social und Search.

Was ist Dir in Zusammenhang mit Display Advertising wichtig und welche Zielgruppen hast Du im Visier?

Mathieu Prigent:
 Prinzipiell haben wir jeden im Visier, der demnächst einen neuen Wagen kaufen will. Aufgrund unserer vielseitigen Produktpalette haben wir die Möglichkeit, attraktive Mobilitätslösungen für Jung und Alt zur Verfügung zu stellen. Und das können wir digital, so gut es der Markt zulässt, personalisiert und relevant in eine experience-optimierte Customer Journey einbetten. Hinsichtlich Display Advertising, ist mir wichtig, dass wir eine Möglichkeit finden, Menschen nicht in die Hände von Adblockern und Contentblockern zu treiben. Dies ist schlussendlich auch ein UX-Thema und hier ist in letzter Zeit schon sehr viel passiert: Es gibt beispielsweise kaum noch sehr intrusive Formate wie Overlays. Dennoch erwarte ich mir speziell im Mobile-Bereich einfach mehr Usability.